top of page

Überschrift 2

Ãœberschrift 2

Motivation der Filmemacherin (Fortsetzung)

​

 

In der Waldschule ist der Freiraum der Kinder zunächst territorrial sehr gross, was automatisch zu einem hohen Grad an Selbstkontrolle führt. Was den Schulstoff anbelangt, sind auch diese Kinder dem staatlichen Lehrplan unterworfen, wodurch gewisse Ziele spätestens in der zweiten Klasse von allen erreicht werden müssen. Die Naturpädagogik legt aber grossen Wert auf eigenaktive Kinder, die selbstbestimmt lernen können. Damit klaffen zwei Haltungen aufeinander: 1) das Kind lernt aus eigenem Antrieb, nicht zuletzt im freien Spiel, 2) Kinder müssen angeleitet, machmal auch angetrieben werden, damit sie die Lernziele erreichen.

​

Ich möchte nun der Frage nachspüren, was Kinder im Freiraum (er)schaffen, wie das mit Lernen verbunden ist und ob sie Anleitung und Vorgaben von Erwachsenen brauchen um weiter zu kommen. Dabei reicht mein Fokus über das blosse Akademische hinaus. Mich interessieren die Erfahrungen, die die Kinder im Wald mit Tieren und Pflanzen machen und welche Erkenntnisse sie daraus für sich selber gewinnen und wo dabei ein sogenannter Lerneffekt festgestellt werden kann. Mich interessiert, welche Ideen sie über die Jahrgänge hinweg im täglichen Freispiel, oft ausserhalb der erwachsenen Kontrolle, entwickeln und was sie dabei im Umgang miteinander lernen. Mich interessiert, was in den Kindern drinsteckt.

​

Das Schulwesen steht seit Corona wieder verstärkt unter Beschuss. Klagen über Leistungsdruck bzw. Ausrichtung an der Leistungsgesellschaft, Lehrkräftemangel, Homeschooling, Ansturm auf Kinder- und Jugendpsychiatrie sind alles Symptome eines grossen Unwohlseins. Ob die Gestaltung des Bildungssystems kind- bzw. menschengerecht ist, darüber muss dringend nachgedacht werden.

​

Eigentlich wären wir uns doch einig, dass wir uns Herangewachsene wünschen, die über Autonomie, Eigenverantwortung, Mut, Phantasie und Kreativität verfügen und sich spontan und empathisch zu ihren Mitmenschen und anderen Wesen dieser Welt verhalten. Dazu bräuchten Kinder eine Lebenswelt, die ihnen möglichst viele und verschiedenartige Gelegenheiten bietet zu entdecken und zu gestalten.

Nun ist es aber so, dass sich der Radius, in dem sich Kinder frei bewegen können, in den letzten Jahrzehnten massiv reduziert hat. Heute können sich Kinder immer seltener der Kontrolle der Erwachsenen entziehen. Ihr Alltag wird vielmehr immer stärker von ihren Eltern durchgeplant, immer öfter auch elektronisch überwacht. Kinder, die unbeaufsichtigt in der Natur herumstreifen, Hütten bauen und Käfer beobachten, sind zu einer romantischen Vorstellung geworden.

​

Im Wald lässt sich viel fürs eigene Leben lernen, all die existenziellen Zusammenhänge: Leben und Sterben, Beziehungen, Abhängigkeiten, Anpassung, Veränderung, Kreisläufe, etc. In der Natur wächst das Grosse neben dem Kleinen, das Morsche neben dem Vitalen. Das sind die Urkonstellationen der Lebendigkeit, was uns zeigt, dass wir ein Teil des Ganzen sind und nicht das alleinige Zentrum. Nicht zuletzt um die Klimakrise zu bewältigen, brauchen wir Menschen, die sich mit der Natur verbunden fühlen.

​

bottom of page